Was ist Supervision und wozu braucht man sie?
Während früher unter „Supervision“ nahezu jede Art von berufsbegleitender Unterstützung oder Unterweisung verstanden wurde, meint man heute damit eine spezielle Beratungsmethode für
Menschen, die in psychosozialen Berufen arbeiten – Sozialarbeiter, Sozialpädagogen, Erzieher, Ärzte, Pflegepersonal, Psychotherapeuten, Lehrer etc. Sie sind besonderen
psychischen Belastungen ausgesetzt, zumal ihr „Arbeitsgegenstand“ andere Menschen sind und zwar solche, die im besonderen Maß persönlicher Unterstützung bedürfen. Um in diesen
Berufen hilfreich und erfolgreich arbeiten zu können, muss man ständig ein gutes Gleichgewicht zwischen persönlichem Engagement und professioneller Distanz herstellen können.
Der Erwartungsdruck, dem die psychosozialen Profis ausgesetzt sind, ist hoch und vielfältig:
- Erwartungsdruck seitens der hilfsbedürftigen Klienten, die rasche, heilsame, problemlösende Unterstützung bzw. Versorgung einfordern. Das ist der – meist unausgesprochene - implizite
„Klientenauftrag“.
- Erwartungsdruck seitens der Gesellschaft – „politischer Druck“, oft vermittelt durch Medien - insbesondere aber seitens der Sozialorganisation, Gesundheitseinrichtung oder
Ausbildungsinstitution in deren Auftrag sie tätig sind. Sie sollen kostengünstig und dennoch umfassend diesen Auftrag zu erfüllen.
- Erwartungsdruck, unter den sie - die psychosozialen Profis - sich selbst stellen, nämlich diesen oft gegensätzlichen Ansprüchen entsprechen zu können.
Diese vielfältigen und widersprüchlichen „Aufträge“ zu erfüllen, verlangt vom psychosozialen Profi ständig eine Balance zu finden zwischen engagiertem Mitleiden – also Identifikation
- mit den Problemen und dem Leid der Klientel und der notwendigen professionellen Distanz, um nicht als „hilfloser Helfer“ arbeitsunfähig zu werden. (Bekannt ist ja auch, dass infolge
dieses aufreibenden inneren Kampfes um Balance, Angehörige sozialer Berufe mehr als andere gefährdet sind an „Burnout“, Depressionen etc. zu erkranken.)
Hinzu kommt noch, dass von psychosozialen Profis erwartet wird „teamfähig“ zu sein – auch diesen Anspruch stellen sie an sich selbst. Denn in den meisten Fällen können sie nur in
Zusammenarbeit mit anderen Profis des „Helfersystems“ ihren Auftrag erfüllen.
Supervision – Einzelsupervision oder Supervision des Helferteams (Teamsupervision) - ist also eine spezielle Methodik mit der der Supervisor oder die Supervisorin die psychosozialen
Profis dabei unterstützt, sich zu befähigen diesen vielfachen und widersprüchlichen Anforderungen/Aufträgen zu entsprechen. Das geschieht einerseits dadurch, dass die konkreten Probleme in der
Arbeit mit Klienten oder Kollegen bearbeitet und Lösungswege gefunden werden. Andererseits wird dadurch auch die Fähigkeit zur professionellen Balance gegenüber diesen Anforderungen gefördert.
Supervision dient somit auch der Krisenprävention bzw. der Gesundheitsförderung der psychosozial tätigen Profis.
Methodisches
Supervision findet in zwei Formen – „Settings“ - statt:
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Einzelsupervision:
Der/die Supervisionsklient/in bespricht hier die berufliche Situation bzw. konkrete, aktuelle Probleme im Einzelgespräch mit dem Supervisor. Dabei können neben
systemisch-organisationbezogenen Konflikten insbesondere auch deren Wechselwirkung mit dem persönlichen Verhalten oder mit persönlichen Wertvorstellungen, Erfahrungen, Gedanken und Gefühlen
bearbeitet werden. In der Einzelsupervision ist es mitunter leichter persönliche, „private“ und intime Probleme zur Sprache zu bringen.
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Gruppensupervision:
Meist handelt es sich hier um Supervision einer Gruppe von Menschen, die als Team zusammenarbeiten – etwa das medizinische Personal einer Abteilung eines Krankenhauses oder das Team einer
ambulanten Sozialeinrichtung oder der „Lehrkörper“ einer Schule etc. Neben der gemeinsamen Bearbeitung konkreter Probleme und belastender Vorkommnisse in der Arbeit mit Klienten,
Patienten, Schülern etc. – sogenannte „Fallsupervision“ - können hier Konflikte innerhalb des Teams bzw. der Umgang miteinander zum Thema werden. Das nennt man dann
„Teamsupervision“. Manchmal wird am Beginn einer Gruppensupervision vereinbart, wo der Schwerpunkt liegen soll: Bearbeitung von Fällen oder Besprechung von Problemen in der
Zusammenarbeit. Als sehr hilfreich und nützlich erweist es sich, wenn der Supervisor so erfahren und flexibel ist, dass er der Gruppe auch eine Kombination von Fall- und Teamsupervision
anbieten kann.
Manchmal finden Menschen aus unterschiedlichen Institutionen, mitunter auch aus unterschiedlichen psychosozialen Berufen in einer Gruppensupervision zusammen, um sich unter Anleitung
eines Supervisors über Erfahrungen und Probleme in ihrem Berufsleben auszutauschen. Die Teilnehmer erhalten abwechselnd Raum, sich und ihren aktuellen Fall zu thematisieren. Die Gruppe stellt
sich hier als eine Art Spiegel zur Verfügung in dem Konflikte und Ressourcen deutlich werden und Lösungen gefunden werden können. Die so genannte „Balint-Gruppenmethode - benannt nach dem
ungarisch-britischen Psychoanalytiker Michael Balint - fördert in besonderer Weise einen derartigen Lernprozess.
Sowohl im Einzel- wie im Gruppensetting greife ich als Supervisor auf meine Wissen und meine Erfahrungen mit Methoden
zurück.